Hallo Leute,
ja, auch ich zähle mich zu den Babyboomern. Genau wie mein Frauchen. Früher waren wir das Rückgrat der Wirtschaft, haben eifrig in die Rentenkasse eingezahlt, unsere Schaffenskraft (und last but not least unsere Kaufkraft) wurde gerühmt.
Und nun? Boomer ist fast zum Schimpfwort verkommen. Wir trauen uns ja kaum noch was zu sagen. Auch unsere Haltung, unsere Meinung, unsere Werte werden abgetan als "alter weißer Mann" - selbst wenn eine Frau redet. Nur wenn es ums Weiterarbeiten geht, damit auch schön die Rente nach Umlagesystem für die Jüngeren gesichert ist ... dann sind wir auf einmal beliebt. Bzw. werden dafür kritisiert, dass wir Babyboomer halt das Angebot der "Rente mit 63" gern in Anspruch nehmen. Statt gefälligst mindestens bis 67 zu arbeiten!
Dafür will ich mal eine Lanze brechen. Überlegt doch mal bitte, wie unsere Arbeitswelt aussah. Frauchen hat ihre Diplomarbeit auf einer elektrischen Schreibmaschine getippt. Und das war schon fortschrittlich! Dann kamen die PCs in die Büros. Beim ersten Arbeitgeber gab es einen PC für 12 Angestellte. Und nur Frauchen und ihr Chef trauten sich ran, und benutzen ihn eifrig. Alles wurde aber schön ausgedruckt und dann per Post oder Fax versandt. Dann hieß es warten, mehrere Tage meist, auf eine Antwort.
Heute dagegen - Multichannel. Mail, Social Media, WhatsApp, und bitte schön gleich antworten. Kollege Chat GPT erstellt Texte und generiert Ideen. Grafiken, Videos, Bilder - alle blitzschnell erstellt. Und statt schöner zweitägiger Geschäftsreisen, bei denen man quasi nur per Telefon erreichbar war, und weg vom Arbeitspatz, kommt jetzt der Arbeitsplatz mit. Oder es gibt sowieso nur den Videocall. (Frauchen ist sehr dankbar, dass sie Anfang der 2000er in einer internationalen Arbeitsgruppe war, die mal in Wien, Prag, Bratislava oder Salzburg tagte. Wäre heute undenkbar.)
Und das alles haben die Babyboomer mitgemacht. Die größte Disruption, die es jemals in der Arbeitswelt gab. Dagegen war die Einführung von Maschinen im 19. Jahrhundert und Fließbändern im 20. Jahrhundert ein Klacks.
Als Argument für die längere Lebens-Arbeitszeit kommt ja oft "körperliche Arbeit, ja, verstehe ich, die sollten früher gehen dürfen". Die anderen hätten ja "nur" Bürotätigkeiten gehabt. Aber die fortwährende Anpassung, die Umstellung - wer hat die genauso mitgemacht? Jawoll, die Babyboomer. Und so etwas ermüdet einfach, und laugt aus. Mal ganz abgesehen davon, dass diese Generation gelernt hat "schaffe, schaffe, Leistung bringen, Karriere machen". Überstunden sind selbstverständlich.
Auch unsere Erfahrung wird gern positiv herangezogen, wenn es darum geht, ältere Arbeitnehmer zum Weiterarbeiten zu bewegen. Honig ums Maul halt. Ansonsten sind wir nicht "woke" genug. Gendern nicht. Jedenfalls nicht mit Sternchen. Altes Eisen halt. Haben die Klimakrise allein zu verantworten.
Leute, dieser Babyboomer-Bär hat davon gestrichen die Nase voll. Ich will weder Honig ums Maul geschmiert kriegen (obwohl, wenn ich es mir so recht überlege, ein, zwei Gläser wären schon ganz nett ...), noch aufs Abstellgleis geschoben werden. Und wir haben uns ins nunmehr rund 35 Jahren hartem Berufsleben, in dem wir sehr viel in die Rentenkasse eingezahlt haben, durchaus verdient, dass das auch mal gewürdigt wird. Und Babyboomer jetzt nicht auch noch gedisst werden dafür, dass sie in den wohlverdienten Ruhestand wollen.
So, das musste mal von meiner Bärenseele.
Bis bald, Euer Iwan